Arbeiten in Sydney
Die letzten 4 Wochen wollte ich nun nutzen, um auf meiner Weltreise etwas zu arbeiten. Eines meiner großen Ziele vor Reiseantritt waren neue Erfahrungen zu sammeln, da gehörte das Testen eines völlig anderen Jobs einfach mit dazu.
Als krasser Gegensatz zu meiner alltäglichen Arbeit im Büro, wollte ich mich als Surflehrer, Fischer oder Bauarbeiter ausprobieren. Für den Surflehrer in Australien war ich zu schlecht und um auf einem Fischkutter anzuheuern, hatte ich nicht genügend Zeit. Also entschied ich mich für den Bau.
Ich schaltete einige Anzeigen auf Facebook und Gumtree und wurde schließlich von einem James angerufen. Er hatte einen Construction-Job für mich in Sydney. Ich flog also kurzerhand nach Sydney, genauer gesagt nach Dee Why und schloss mich der Agency an. Der Name der Agency? Keine Ahnung. Unter einem offiziellen Namen und entsprechend legal läuft das Ganze hier vermutlich nicht ab. Inoffiziell geleitet wird das Ganze von Karl James (der zumindest früher in kriminellen Machenschaften verwickelt war – siehe Ice Cool Karl) mit seinen Handlangern. Einer davon Gustav. Ein ziemlich merkwürdiger, aber eigentlich ganz netter schwedischer Backpacker.
Das Prinzip: Man wohnt in einem ihrer runtergekommenen Häuser und zahlt dafür einen sehr stolzen Preis von 220-250 AU$ pro Woche. Als Gegenleistung vermitteln sie Jobs, bei denen man um die 25 Dollar pro Stunde verdient.
Und tatsächlich, meinen ersten Einsatz hatte ich einen Tag nach meiner Ankunft. Als „Waiter“ arbeitete ich in einem Strandrestaurant. Eine Hochzeit mit über 150 Gästen stand auf dem Programm. So servierte ich fleißig und verdiente meine ersten 150 Dollar. Die erste coole Erfahrung. Sehr interessant bei einer Hochzeit mal hinter die Kulissen zu schauen und zu sehen, mit welchen Problemen sich die Veranstalter herumschlagen müssen.
Am darauffolgenden Dienstag hatte ich dann meinen ersten Arbeitstag auf dem Bau. Backpacker bekommen hier natürlich die einfacheren Jobs. Das nennt man dann Labouring. Ich wurde als „Brick Labourer“ gebraucht. Ich durfte also Maurern „Brick Layern“ helfen, ihre Mauern hochzuziehen.
Meine Tätigkeiten bestanden aus Mörtel (Zement) mischen, Backsteine heranschleppen, Backsteine zurechtschneiden, den Arbeitsbereich des Maurers herrichten und wieder aufräumen.
An meinem ersten Tag wurde mir auf einer Großbaustelle alles von Joshy, einem anderen Backpacker, beigebracht und erklärt. Wir arbeiteten mit fünf sehr coolen Maurern zusammen und es war ziemlich anstrengend, machte aber auch wirklich Spaß. Anschließend fuhren wir direkt an den Strand und schwammen eine Runde. Eine wohltuende Abkühlung und gut um den Körper von dem ganzen Dreck zu befreien. So hatte ich mir einen Arbeitstag in Australien vorgestellt. Hart arbeiten in der Sonne, viel dazulernen und danach ab ins Meer.
Tag eins war jedoch nur die Generalprobe, die ich glücklicherweise bestand. Die nächsten drei Wochen sollte ich dann nur noch mit einem Maurer unterwegs sein. Problem dabei: Dieser Maurer aus Manchester war leider ein ziemlich großes Arschloch. Mit seiner cholerischen Art brachte er mich und einige andere Bauarbeiter zur Weißglut. So wurden diese drei Wochen eine Zerreißprobe für Geduld und Durchhaltevermögen (physisch und mental). Zugutehalten muss man ihm allerdings, dass er mir trotz des Rummeckerns einiges zeigte und beibrachte. Unter anderem weihte er mich in die hohe Kunst des „Bricklayings“ ein. Das war schon echt cool.
Nach drei Wochen war ich dennoch froh als es vorbei war. Aber vor allem hatte ich mein Ziel erreicht: Über einen längeren Zeitraum auf dem Bau zu arbeiten. Und das sogar als Brick Labourer, der unter Backpackern als der anstrengendste Job angesehen wird.
An einem weiteren Samstag arbeitete ich erneut in dem Restaurant und konnte einen Aufstieg verzeichnen. Am Ende des Abends agierte ich alleine hinter der Bar und durfte mich als Barkeeper probieren. Es war zwar teilweise nicht gerade einfach die betrunkenen Hochzeitsgäste zu verstehen, aber dennoch eine nette Erfahrung.
Durch die guten drei Wochen Arbeit, in denen ich immer 25 Dollar die Stunde verdiente, konnte ich am Ende meine Lebenshaltungskosten der letzten 4 Wochen zahlen, meinen Rückflug von Australien nach Deutschland und die Aufwendungen die ich für das Arbeiten hatte (White Card, Arbeitsbekleidung (PPE) und Working Holiday Visa). Hat sich also alles in allem gelohnt.
Meine letzte Woche ließ ich dann noch mal etwas entspannter angehen. Einmal half ich noch einer alten Dame beim Umzug, ansonsten verbrachte ich die Zeit eher mit surfen, relaxen, Blog schreiben, feiern gehen und shoppen.
Zusammengefasst war mein letzter Monat also sehr spannend, aber natürlich nicht so schön wie die vorigen Monate des Rumreisens. Am Anfang freut man sich einen Job zu bekommen, aber das hält nur kurz an. Spaß machen tut die Arbeit vielleicht noch am Anfang. Nach wenigen Tagen merkt man aber wie monoton alles ist. Zum Glück hatte ich ziemlich coole Leute in den jeweiligen Häusern.
Das erste Haus war mit einem Bad und teilweise 14 Leuten echt nicht sehr geil. Vor allem die heftig tropfende Decke und die Bettwanzen in einigen Räumen waren ein No Go. Aber die Gespräche beim Abendessen mit den Leuten und das Feiern gehen, ließen uns über die schlechten Verhältnisse hinwegsehen. Und da mir Gustav zuverlässig Jobs besorgte konnte ich mich nicht beschweren.